Anerkennung von Reproduktionsarbeit #8März

Im Kapitalismus verkaufen die Arbeiter:innen ihre Arbeitskraft an den Kapitalisten, welcher den Arbeiter:innen für die Ware „Arbeitskraft“ einen Lohn zahlt. Dieser Lohn entspricht allerdings lediglich einem Bruchteil der geleisteten Arbeit (die Arbeiter:innen haben nach weniger Stunden Arbeitszeit bereits den Betrag erwirtschaftet, den der Kapitalist ihnen zahlt). Den Überschuss, den die Arbeiter:innen dem Kapitalisten damit erarbeiten, nennt man Mehrwert. Der Kapitalist eignet sich diesen Mehrwert an und lässt ihn zu einem Teil wiederum in Produktionsketten einfließen und eignet sich somit neuen Mehrwert an und zum anderen Teil häuft er ihn an und wird somit dank der unbezahlten Arbeit der Arbeiter:innen reich.

Dieser Missstand innerhalb der beschriebenen Produktionsverhältnisse betrifft sowohl Frauen als auch Männer der lohnabhängigen Klasse und ist die Grundlage des kapitalistischen Systems.

Wie eingehend beschrieben, ist die Arbeitskraft also ein wichtiges Element innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise. Da wir allerdings Menschen sind, ist unsere Ware „Arbeitskraft“, die wir anbieten können jedoch begrenzt: irgendwann sind wir hungrig, müde, vielleicht auch verletzt oder auch eines Tages tot.

Gegen diese endlichen Aspekte der Arbeitskraft, gibt es wiederum Arbeit, die ihnen entgegenwirken muss: Kochen, Putzen, Fürsorge, Pflege bis hin zum Gebären von Kindern als Nachwuchs an Arbeitskraft.

Dabei fällt auf, dass all die Arbeit, die ganz offensichtlich zur Wiederherstellung der Ware „Arbeitskraft“ benötigt wird und deshalb Reproduktionsarbeit heißt, innerhalb unserer Gesellschaft zum größten Teil von Frauen erledigt wird. Wiederum ein sehr großer Teil bleibt dabei unbezahlt…

… und wenn bezahlt, dann ganz klar unterbezahlt!

Teilweise löst sich die strikte Trennung von Produktions- und Reproduktionsbereich durch die ‚Entgrenzung von Arbeit‘ wieder auf, allerdings ohne dass es zu einer Aufwertung der Reproduktionsarbeit käme. Stattdessen sind die institutionalisierten und entlohnten Formen von Reinigungs- und Sorge- und erziehender Arbeit oftmals besonders prekär und marginalisiert.

Gerade Migrant:innen und Women of Colour sind in diesen Arbeitsfeldern überrepräsentiert.

Es wird somit eine Krise gesellschaftlicher Reproduktion gefördert, die aus dem sich verschärfenden Widerspruch zwischen den Reproduktionskosten von Arbeit und der Maximierung von Profit erwächst. Folglich kommt es kommt in diesem Bereich vor allem zu einer Zunahme prekärer Beschäftigung zum Beispiel durch Anwerbung von Pflegekräfte aus dem Ausland, Tochterfirmen, Flexibilisierung von Arbeitszeiten und chronischen Personalmangel.

Leben als Frau? Leben für die Reproduktionsarbeit!

Durch die Kriminalisierung der Abtreibung im Rahmen der Paragraphen 218 und 219a wurde die unfreiwillige Fortpflanzung und die staatliche Kontrolle weiblicher Körper institutionalisiert. Fortpflanzung hat somit einen wirtschaftlichen Wert. Die Reproduktionsfähigkeit ist als politisches und wirtschaftliches Machtinstrument zu sehen. Der Staat, das Kapital entscheidet welcher Frau, aus welcher Klasse, mit welcher Hautfarbe über ihre Reproduktionsfähigkeit und somit auch ihren eigenen Körper und ihre Zukunft entscheiden kann. Und selbst wenn sich die Frau frei für eine Geburt entscheidet, heißt das noch lange nicht, dass von dort an alles in ihrem Sinne verläuft.

Gewalt in der Geburtshilfe kommt immer häufiger vor. Man versteht darunter Handlungen, Vorgänge und/oder systemische sowie soziale Zusammenhänge, die sich während der Schwangerschaft, unter der Geburt oder im Wochenbett, verändernd oder schädigend auf Frauen und ihre (ungeborenen) Kinder auswirken. 

Indirekt können auch Partner:innen, geburtshilfliches Personal oder Familienangehörige betroffen sein.

Ausgeübt wird diese Gewaltform durch medizinisches Personal oder andere an der Schwangerschaft, Geburt und am Wochenbett beteiligte Menschen. Sie kann stark strukturell (Personal-, Zeitmangel, Routine) bedingt sein und wird nur äußerst selten bis gar nicht in der Öffentlichkeit thematisiert.


Von der Wiege bis ins Grab

Frauen jeglichen Alters sind der Reproduktionsarbeit unterworfen, auch nach der Erwerbsarbeitszeit. Frauen höheren Alter sind körperlich, ökonomisch und psychisch von dem jahrelangen Doppelbelastung gezeichnet. Hauptursache der Altersarmut ist die jahrelange nicht bezahlte Reproduktion und die daraus resultierende Abhängigkeit vom Mann. Altersarmut führt bei den meisten Frauen zu einem raschen körperlichen und psychischen Verfall. 

Nicht selten landen Frauen im Alter auf der Straße, weil sie nach der Trennung von ihrem Mann nahezu mittellos da stehen.

Zudem sind medizinische Infrastrukturen, Hilfsangebote usw. aufgrund der hohen Kosten für viele Frauen nicht bezahlbar. Die meisten betagten Frauen können sich keinen Pflegedienst, Haushaltshilfe, geschweige den ein Pflegeheim finanzieren und die Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse hängt mit einen Haufen Bürokratie zusammen, den viele Frauen aufgrund altersbedingter kognitiver Einschränkungen gar nicht mehr bewältigen können. 

Bei Männern jedoch kommt es durch die traditionelle Versorgung durch die Frau im hohen Alter, seltener zu einem Versorgungsproblem. Sofern sie es noch kann, ist dafür dann die eigene Partnerin oder andernfalls Tochter, Schwiegertochter oder gar Enkelin zuständig.

Außerdem treten gewisse körperliche Einschränkungen bei Frauen, viel häufiger auf, welche sie der jahrzehntelangen Reproduktionsarbeit zu verdanken haben. Dazu gehören Schwangerschaften, die noch später im hohen Alter zur Inkontinenz (unkontrolliertes Wasserlassen) führen können oder Gebärmutterhalskrebs, der häufig durch Männer aufgrund fehlender HPV Impfungen und dessen fehlende Zulassung verursacht wird.

Aber auch Bandscheibenvorfälle, die häufig in Pflegeberufen oder vorkommen, treten vermehrt bei Frauen auf und werden bis heute nicht als Berufskrankheit anerkannt, sodass viele Frauen schon aufgrund erworbener Berufskrankheiten, im späteren Alter finanzielle Schwierigkeiten haben.

Reproduktionsarbeit muss kollektiviert werden

Reproduktionsarbeit zieht sich durch das gesamte Leben einer Frau. 

Sie prägt das Rollenbild dieser und stellt für kapitalistische Gesellschaftsordnung kostenfreie Arbeit bereit. Dabei zeigt sich, dass Reproduktionsarbeit die gesamte Produktion von Arbeitskräften trägt und wiederherstellt. Ohne diese, nicht anerkannte Arbeit, von Frauen würde das kapitalistische System zusammenbrechen. Reproduktionsarbeit muss anerkannt und sichtbar werden – von allen Teilen der Gesellschaft. Wir brauchen eine Auseinandersetzung mit diesem Thema und müssen uns gezielt die gesellschaftlichen Alltagserfahrungen von Arbeiter:innen anschauen, diese analysieren und im Kontext der ökonomischen Ausgangslage setzen.

Der Zusammenhang zwischen Reproduktion und Produktion muss hergestellt werden, sowie die Trennung zwischen ökonomischen und (scheinbar) außerökonomischen Bereichen und deren geschlechtsspezifische Verteilung überwunden werden.

Es muss erkannt werden, dass die kapitalistische Produktionsweise uns Frauen, uns Arbeiter:innen kaputt macht.

Erst durch einen umfassenden Arbeitsbegriff wird auch die Neubewertung und Neuverteilung der „ganzen Arbeit“ möglich. Schließlich geht es darum, die gesamte bezahlt und unbezahlt geleistete gesellschaftlich notwendige Arbeit anzuerkennen und zu kollektivieren. 

Zudem brauchen wir basisorientierte Gewerkschaften, die Arbeitskämpfe in z.B: Krankenhäusern, Altersheimen, Erziehungs- und Bildungseinrichtungen mit dem Frauenkampf verbinden.

Die Lösungen dürfen sich nicht auf das Individuum beschränken, sondern müssen strukturelle und institutionelle Gegebenheiten überwinden, um die doppelte Ausbeutung von Frauen, in Form von Lohnarbeit und unbezahlter Reproduktionsarbeit abzuschaffen.